Leinenpöbelei

Wann bei Bolle die Leinenaggression anfing, weiß ich leider nicht mehr genau. So um den neunten Lebensmonat herum meine ich.

Deutlich gezeigt hat es sich in unserem Morgencafé, wo wir draussen saßen und er anfing vorbeigehende Hunde anzubellen und zu knurren.

Es steigerte sich schnell zu einem mächtigen Theater an der Leine.

 

Ich kann nicht sagen, wieviel Stunden ich damit verbracht habe mich über dieses Thema zu informieren und mit Bolle zu trainieren. Im Grunde trainierten wir die ganze Zeit.

Mit geringem Erfolg, es wurde besser aber dann auch wieder schlechter.

Die fast schon permanenten Hundebegegnungen in der Hundehauptstadt Berlin machten ein dosiertes Training unmöglich.

Unsere Bemühungen habe ich hier beschrieben.

 

Parallel dazu prägte sich seine Rüdenunverträglichkeit immer mehr aus.

Ein Kastrationschip brachte nur geringe Änderung in seinem Verhalten.

Nach unserem Sommerurlaub 2016 war er dann auch zu dem einzigen "befreundeten" Rüden (Kumpel Luca) sehr grantig und Hundefreundin Fani belästigte er in einer so penetranten Art, wie ich es von ihm nicht kannte.

 

Nach zwei Jahren Überlegung, Information, Testlauf mit dem Kastrationschip, habe ich mich schweren Herzens durchgerungen, Bolle kastrieren zu lassen.

 

Er wurde Mitte Juli operiert. Nachdem wir die problematische Zeit danach (Bolle hatte starke Einblutungen, vertrug das Nahtmaterial nicht) überstanden hatten, begann ich unverzüglich mit dem Training.

 

 

Training nach der Kastration

Juli '16

Wir arbeiten mit dem Clicker, ich möchte mit positiver Verstärkung ans Ziel kommen, bewahre mir aber die "Raik Labjon"-Art und verlange, dass Bolle sich an mir orientiert und nicht umgekehrt.

Auch achte ich darauf, Bolles Erregungslevel niedrig zu halten, gerade beim Verlassen des Hauses (angelehnt an Anita Balser).

 

Ich habe immer Clicker auslösebereit an der Hand und viele hochwertige Leckerchen dabei.

 

Schritt 1:

- Hund taucht auf

- sofortiger Click, bevor Bolle reagieren kann

- Belohnung

 

Das funktioniert, anders als noch vor zwei Jahren, sehr schnell und gut. Bolle regt sich immernoch auf (starke Körperspannung und Röcheln), ist aber hochmotiviert durch die Belohnung (sicherlich der Kastration zuzuschreiben) und schafft es, sich abzuwenden.

 

August '16

Schritt 2:

- Hund taucht auf

- Bolle guckt ihn an

- kein Click

- Bolle schaut (fragend) zu mir

- Click & Belohnung

 

Das ist schon etwas schwieriger. Um Bolle zu unterstützen, nenne ich seinen Namen, wenn er es nicht schafft, sich abzuwenden. Das klappt dann gut. Wenn nicht, clicke ich.

 

Schritt 3:

Ich warte ein bisschen länger bis zum Click, Bolle muss mich länger anschauen.

Ich clicke während wir den anderen Hund passieren aber durchaus mehrmals.

 

Zusätzlich bringe ich ihm das "Links" bei, um ihn "rangieren" zu können. Er soll immer so laufen, dass ich zwischen ihm und dem anderen Hund laufe. Auch da ist er dann während der Begegnung damit beschäftigt sich zu sortieren und es kommt der Blick zu mir (und nicht zum anderen Hund), um die Belohnung zu erhalten.

 

Ein weiteres, bereits erlerntes, Kommando, das ich nutze, ist "Touch".

Bolle stuppst mit seiner Nase an meine Handfläche.

Das nutze ich in angespannteren Momenten (nachts, direkt vor der eignenen Haustür usw.) um ihn auf mich zu konzentrieren.

 

Zwischenstand 13.8.2016:

Bisher bin ich sehr zufrieden. Es klappt so gut wie noch nie.

Besonders die "High Noon" Begegnungen (frontal entgegenkommender Hund) sind sehr problematisch, aber inzwischen bewältigen wir die auch schon ganz gut.

Und je mehr Erfolg sich zeigt, umso sicherer werde ich.

Traue uns mehr zu. Es gibt Situationen, in denen ich Nerven kriege, aber danach mache ich dann eben einfach weiter.

Ich bin sehr optimistisch - es funktioniert und es macht so viel Spaß!