Dieser Weg liegt hinter uns

Meine Ausführungen hier werden für "alte Hasen" sicherlich nichts Neues bringen und an meiner Vorgehensweise ist auch nichts neu.

Da ich selbst zeitweise so verzweifelt war, möchte ich andere an meinem/unserem Versuch teilhaben lassen, einen Weg aus dieser Misere zu finden.

 

 

Wann bei Bolle die Leinenaggression anfing, weiß ich leider nicht mehr genau. So um den neunten Lebensmonat herum meine ich.

Deutlich gezeigt hat es sich in unserem Morgencafé, wo wir draussen saßen und er anfing vorbeigehende Hunde anzubellen und zu knurren.

Es steigerte sich schnell zu einem mächtigen Theater an der Leine. Der Tipp ihn mit einem deutlichen "NA!", begleitet von Schenkelklatschen zurecht zu weisen hat ihn zwar beeindruckt, aber nicht lange vorgehalten.

Letztlich ist ihm anzumerken, dass er von der Situation (selbst an der Leine & entgegenkommender Hund) überfordert ist, so gähnt er anschließend ausgiebig. 

Er kann sich nicht beherrschen in dem Augenblick.

 

In einer Stadt wie Berlin, mit hoher Hundedichte kann einen das ganz schön verzweifeln lassen.

 

Anfang 2014 begann ich andere Hunde zu markern (beim Erblicken des anderen Hundes, erfolgt ein Click, eine Belohnung - natürlich NUR, wenn der Hund es schafft ruhig zu bleiben). Man geht den anderen Hunde anschließend aus dem Weg und versucht die Grenze des eigenen Hundes nicht zu unterschreiten, so dass die Situationen mit gutem Gefühl verlassen werden und er nicht mehr in die Situation gerät, wo er gar nicht mehr anders kann, als zu reagieren.

 

Wir besuchten den Social Walk (s. Kurse/Seminare) und ich schöpfte Hoffnung...

Nach ein paar Wochen war ich am Ende - es half nix und viele Situationen im Alltag schienen aussichtslos.

Problematisch war, dass Bolle bereits reagierte, wenn der andere Hund noch sehr weit weg (bis zu 50 Meter) war und dass es immer wieder Situationen gab, wo wir uns in Luft hätten auflösen müssen (Hunde von vorn und hinten, auf beiden Straßenseiten), es ging soweit, dass die morgendliche kleine Runde von meinem Lebensgefährten übernommen wurde, weil ich wirklich an meine Grenzen kam. Dort zeigt er auch das Verhalten, aber es macht meinem Freund nicht so viel aus.

 

Ich wusste nicht mehr weiter.

 

Habe das Internet durchforstet, es gab einfach keine überzeugende andere Lösung für uns.

Von Ablenkung hielt ich nichts, Bolle sollte in die Lage versetzt werden, den Anblick andere Hunde zu ertragen ohne auszuflippen.


Das ist für ihn der pure Stress und ich konnte mir nicht vorstellen so bis zum Ende seiner Tage mit ihm durch die Stadt zu gehen, bzw. durch unseren Kiez, denn das Verhalten steigert sich mit der Nähe zu unserem Haus.

 

Im Freilauf haben wir weniger Probleme, er "checkt" sehr viel rum, akzeptiert es, wenn Hündinnen ihm ne klare Ansage machen, bei anderen intakten Rüden stelzt/knurrt er rum und möchte gerne wissen, ob er jetzt wohl der "Stärkere" wäre. Es kam bisher nie zur Beisserei und er scheint auch zu wissen, wo er es lieber lässt. Lässt sich auch mit einem "Weiter" bewegen wieder zu mir aufzuschliessen (ich gehe natürlich weiter).

Das halte ich alles noch für einen Rüden seines Alters akzeptabel, obwohl es da natürlich angenehmere Artgenossen gibt.

 

Die Ursache für das Verhalten würde mich schon sehr interessieren. Habe ich ihn in der Vergangenheit nicht ausreichend geschützt, so dass er nun den Job übernommen hat?

Das wäre dann aber sehr punktuell, denn er zeigt keinerlei andere Ambitionen irgendwelche Jobs oder Führung zu übernehmen, er lässt sich alles weg nehmen, lässt sich überall anfassen, ist kein Hund der "aufmuckt".

 

Natürlich kommt auch ein Hund schon mit Charakter auf die Welt und auch wenn man vieles fördern oder verkümmern lassen kann, so behält er doch seine Persönlichkeit.

 

Bolle hatte er immer viel Kontakt mit sehr unterschiedlichen Hunden.

 

Was auch immer das Verhalten ausgelöst/gefördert hat, ich möchte es unbedingt abstellen.

 

Also auf ein Neues/Altes!

 

 

Anfang Mai '14

Ich entschließe mich das Markern der anderen Hunde fortzuführen.

Gleichzeitig beginnt die Vorbereitung auf den Hundeführerschein, erstes Ziel: Leinenführigkeit.

Bisher ging Bolle so halbwegs manierlich an der Leine, aber er hat auch mal gezogen und gerne die Seiten nach Interessenslage gewechselt. Also nicht wirklich leinenführig...

Auch wenn mir davon abgeraten wurde, ich versuche es mit der Methode bei jeglichem Ziehen stehen zu bleiben und zu warten bis Bolle die Spannung aus der Leine nimmt.

Er soll links laufen und nicht mehr einfach nach Laune die Seite wechseln. Wenn er "links" kann, wird auch "rechts" dazukommen...

Bolle versteht sehr schnell worum es geht und ich habe den Eindruck er achtet nun allgemein mehr auf mich. Das hilft auch bei der Bewältigung der Leinenaggression.

 

Es geht nur noch bestens vorbereitet vor die Tür, der Clicker hängt am Zinger immer griffbereit oder - noch besser - ist per Schlaufe auf den Finger gesteckt. Als Belohnung darf er an der Futtertube nuckeln, da hängt er dann regelrecht dran (soll auch beruhigend auf die Hunde wirken).

Das heißt auch, es stehen stets gefüllte Futterkruken bereit, falls nicht, ist die Notlösung eines dieser fiesen Bifi-Würstchen für Hunde (ernährungstechnisch nicht sooo toll, aber soviel gibt es davon ja nicht), davon kann er dann abbeißen oder es gibt Trockenfleisch, an dem muss er schon länger kniggeln (es geht darum, dass er eben nicht wie sonst ganz schnell das Leckerli verputzt, sondern wirklich unterbrochen wird in seinem Tun).

 

Das Problem ist, dass Bolle innerhalb von Sekundenbruchteilen reagiert und noch dazu auf weit entfernte Hunde.

So muss ich extrem schnell sein:

Wir kommen aus der Haustür, ein Hund im Sichtfeld, sofort geklickt und die Futtertube an den Hals.

Wenn ich es verpasse, keine Panik, sondern einfach umdrehen, andere Richtung, sobald er ruhig ist wird zum Hund gedreht und gleichzeitig geklickt, Bolle keine Chance geben etwas falsch zu machen.

Und es geht in einem fort, Blick zum andern Hund - Click & Belohnung (C&B), Blick zum anderen Hund, C&B ohne Pause, auch verbales Lob dazu. Dann abdrehen, bevor es zu dicht für ihn wird.

Nichts ist mir zu doof, kurz vor der Haustür umdrehen, noch ne Volte drehen, Straßenseite wechseln, auch viermal nacheinander - wir sind im Training, was soll's?

 

3 Wochen vergehen und es wird besser!!!

 

Natürlich gibt es Rückschläge, aber sie werden seltener und ich lerne besser damit umzugehen. Es geht nicht mehr gleich die Welt unter...

Ich werde gelassener, auch das hilft. Und so wie es vorher eine ungute Spirale war (Bolle pöbelt, ich nervös, Bolle pöbelt noch mehr, ich noch nervöser), schrauben wir uns jetzt ins Positive - es fühlt sich gut an!

 

Juni '14

Jeden Tag haben wir (große Runde im Hundeauslaufgebiet nicht mitgerechnet) an die 15 angeleinten Hundebegegnungen.

So haben wir fast 500 Trainingseinheiten hinter uns und ich beginne Bolle auf die anderen Hunde, die in unser Sichtfeld geraten hinzuweisen: "Schau, Hund!", C&B für einen Blick ohne weitere Reaktion. Kommando, C&B, Kommando, C&B...

 

Es wird wirklich besser, so gelingt es jetzt ihn zur Ruhe zu bringen, auch wenn er mal schon losgelegt hat (vor Wochen noch undenkbar), d.h. wir gehen nur ein, zwei Schritte weg, er beruhigt sich und ich fordere ihn auf, den anderen Hund wieder anzuschauen, C&B.

Das Gute daran ist, dass die SItuation anders aufgelöst wird, nicht der andere Hund verschwindet, wenn er Theater macht, sondern wenn er kein Theater macht. In einer Zeit, in der die anderen Hundehalter schon gerne mal die Straßenseite wechseln (bevor ich es tun kann) ist das eindeutig die bessere Variante!

 

Und ich erhöhe die Dauer des Blickes, d.h. ich warte mit dem Click ein wenig länger, Bolle schaut den anderen Hund also länger an, bevor es clickt.

 

Wenn ich vorher noch dachte, der pöbelt ja immer, egal was der andere Hund macht - so entdecke ich jetzt doch Unterschiede, an den desinteressierten schafft er es nun besser vorbei zu kommen. Diese Hunde "begleiten" wir gerne ein kleines Stück ;).

Die meisten schauen ihn an und da fällt es ihm schon schwerer ruhig zu bleiben, aber mir ist klar, dass ich da auch nicht alles mitbekomme, zumal ich mich auf Bolle konzentriere.

Bei denen, die uns anpöbeln reagiert er meist mit Gegenpöbeln, aber merkwürdigerweise nicht immer?

Pöbeln Hunde aus einem Café/Restaurant heraus, reagiert er fast gar nicht.

 

Was ist in den vergangenen Wochen anders gelaufen, als bei meinem ersten Anlauf?

Warum läuft es jetzt so viel besser?

 

- Ich klicke schneller, öfter und langanhaltender (das halte ich für das Wichtigste)

 

- Ich bin immer vorbereitet (nach ein paar Tagen hatte ich die Logistik im Blut)

 

- Ich mach mich nicht verrückt, wenn es mal nicht so toll klappt, mein Timing schlecht war oder die Umstände unglücklich sind (Hunde von allen Seiten)

 

- Die Leckerli werden geliebt und können gegen die anderen Hunde "anstinken"

 

- Gleichzeitiges Üben der Leinenführigkeit unterstützte die Aufmerksamkeit Bolles mir gegenüber

 

- Ich versuche nie in Eile zu sein (schaffe es nicht 100%ig), so dass kein Stress aufkommt, wenn wir mal nen Umweg gehen müssen

 

- Ich beginne auch, nun wo er manchmal auch ansprechbar bleibt, "Nein!" zu sagen, wenn er loslegen will und belohne auch sofort, wenn er gut darauf reagiert


Zum letzten Punkt: Es gibt ja die Meinung, dass man ausschließlich über positive Verstärkung arbeiten soll.

Mir leuchtet nicht wirklich ein wieso. Ich möchte dem Hund schon zeigen, dass das nicht in Ordnung geht, was er da veranstaltet. Nur anfangs war Bolle auf einem so hohen Erregungslevel, dass er gar nicht hören konnte, was ich sage, es war eigentlich egal, was ich in dem Moment machte. Aber mit der Entwicklung dahin, dass er es schafft sich zu beherrschen und wieder aufnahmefähig ist und ich eben ruhig bleiben kann, nutze ich die Möglichkeit ihm zu zeigen: "Nein", so nicht und dann eben gleich, "Ja", so ist super, richtig.

 

Ein enormer Effekt ist, dass es einfach mehr Freude macht, mit Bolle unterwegs zu sein. Natürlich ist das noch lange kein entspanntes Schlendern und vielleicht kommen wir da auch nie hin, aber ich freue mich so, wenn wir wieder einen kleinen Fortschritt machen, denn auch Bolles Leben ist ja ohne diesen Stress schöner - meins sowieso ;).

 

Juli '14

Wir machen weiter wie bisher.

Gestern waren wir mit dem Rad unterwegs und auch da kommen wir an einigen Hunden schon gut vorbei - an anderen leider noch nicht...(das sind dann allerdings auch die, die auf ihn reagieren).

Vom Rad aus kann ich leider nicht clickern und belohnen, da heißt es dann mal wieder "Weiter!". 

Ich hoffe aber, dass sich das Training zu Fuß auch auf das Radfahren auswirkt.

Herbst 2014

Im September haben wir eine Easy-Outdoor- Seminar bei Wolfgang Seifert gemacht und dort viel gelernt.

Eine genauere Beschreibung findet sich hier.

 

Diese Training setzen wir nun im Alltag fort und einen Tipp einer befreundeten Großpudelzüchterin und Trainerin:

Ein Doppelschnalzer, auf den Bolle konditioniert wird und der seine Aufmerksamkeit in jeder Situation auf mich lenken soll.

Vorteil: man braucht keinen Clicker.

Auch hier wird ausgiebig in ablenkungsarmer Situation geübt, bevor es in "ernsten" Situationen angewendet wird.

 

Leider hatte Bolle im September eine schwere Magenaufgasung und im Oktober erneut eine schwächere, so dass das Training zeitweise in den Hintergrund getreten ist.

 

Anfang November '14 machen wir Urlaub auf der schönen Insel Sylt und die Fußgängerzone der Friedrichstraße erweist sich als fantastische Übungsmeile.

 

War es in der Vergangenheit ein Horror für mich da durchzulaufen (auf hundert Meter ca. 15 - 20 Hundebegegnungen) ist es nun eine willkommene Möglichkeit, das Erreichte zu festigen und zu verbessern.

Und es hat sich enorm was getan - zuhause bemerkt man die Mini-Schritte mitunter ja fast nicht.

Acht Monate liegen zwischen dem letzten Aufenthalt hier und dem aktuellen. Bolle springt nicht mehr in die Leine, er grummelt manchmal, bleibt aber bei lockerer Leine bei mir und recht gut ansprechbar. Wenn er sich reinsteigert, gibt es das Abbruchsignal und auch das funktioniert.


Ich bleibe ruhig, wenn er sich aufregt, bringe ich ihn "zu mir" und er beruhigt sich schnell und wir können weiter, dem nächsten Hund entgegen.

Natürlich ist das noch nicht das Ende der Fahnenstange, aber ein paar Schritte sind getan.

Deutlich unterscheiden sich inzwischen seine Reaktionen nach der Situation, so ist "High Noon" (Hund kommt uns direkt entgegen) nach wie vor die problematischste.

Gehen Hunde quer vor uns vorbei ist das kein Auslöser mehr, auch wenn sie gucken.

Und nach wie vor gibt es fast keine Orientierung nach hinten, ist der andere Hund vorbei. kann ich ihn nach zwei Metern ableinen, er stellt keinen Versuch an, hinterherzulaufen.

 

Auch im Freilauf zeigt er sich etwas erwachsener. Letztens das ERSTE Mal, anderer Rüde wartet auf der Wiese (Cairnterrier in absolut selbstbewußter Pose), Bolle geht hin, lässt sich abschnüffeln, macht keinen Mucks und zieht Leine ohne einen Versuch, den andern zu beschnüffeln.
Alles absolut unaufgeregt.

Natürlich gibt es noch genug Gleichgesinnte, wo er stelzt, sperrt und rumknurrt.

Aber er ist nun auch abrufbar noch auf dem Weg zum anderen Hund, bisher kam er erst, wenn er beim anderen Hund angelangt war (was natürlich nicht passieren sollte).

 

August '15

Bis zum August 2015 sind wir nicht wirklich entscheidend weiter gekommen.

 

Im April 15 bekommt Bolle einen Kastrationschip gesetzt.

Bis auf eine kurze Phase des Futterneids und einem gesteigerten Appetit und einem damit verbundenen größeren Arbeitseifer ändert sich anfangs kaum etwas.

 

Es dauert drei Monate bis seine Hoden beginnen kleiner zu werden.

 

Sein Erregungslevel geht nicht mehr ganz so hoch und er "checkt" im Freilauf auch nicht mehr jeden fremden Hund in größerer Entfernung.

 

Diese Veränderungen sind zu gering um eine Kastrtion zu rechtfertigen, meine Hoffnung, dass er weniger Stress haben wird hat sich nicht erfüllt.

 

Bolle bleibt intakt.

Wie soll es weitergehen?

Anfang August erzählt mir Freundin Anne von Raik Labjon .

Sie leiht mir zunächst das eine Buch "Praxis Hundeerziehung - aus dem Alltag eines Hundetherapeuten" aus, das ich mit zunehmenden Interesse lese.

Dann folgt "Das Alpha-Projekt", der Titel gefällt mir nicht und ich bin nach Gesprächen mit Anne, die weiterhin angetan ist, skeptisch.

 

Anfangs sträubt sich alles in mir gegen das, was ich dort lese.

Doch es bringt mich zum Nachdenken und es ist schlüssig was da steht.

 

So fange ich an, nach "Raik" zu trainieren...

Training nach Raik Labjon

Hintergrund:
Dass Bolle sich so aggressiv in seinem Viertel und an der Leine zeigt, hängt damit zusammen, dass er sein vermeintliches Revier verteidigen will (ich tue das in seinen Augen nicht und erhebe auch gar keinen Anspruch darauf).
Jeder andere Hund ist ein Konkurrent und soll verschwinden.
An der Leine ist er eingeschränkt und umso aufgeregter und aggressiver.

Meine Einschätzung:
Tja, das war mir auch schon vorher klar.
Der macht da einen Job, den er nicht machen soll (der ihn auch zu überfordern scheint) , ist unfähig irgendein alternatives Verhalten zu zeigen (z.B. mich anzuschauen) und hat diese Verhalten nun auch über lange Zeit ritualisiert.
Ich möchte nicht, dass er diesen Job macht - aber wie sage ich es dem Hunde???
Wie kann ich ihm das begreiflich machen?

Indem ich das Revier für mich beanspruche!

Und das bedeutet:
a) Bolle schnüffelt nicht mehr rum (er kann sich somit nicht mehr über die Konkurrenz im Revier informieren), braucht er auch nicht, ist ja ab jetzt MEIN Revier.
b) Bolle markiert nicht mehr, hinterlässt also keine "Ansagen" an die Konkurrenten. Was einem nicht gehört, markiert man auch nicht als seins...

Anfangs sträube ich mich bei der Lektüre - einen Hund nicht schnüffeln lassen, dieses absolute Nasentier? Das ist doch schrecklich!

Das mit dem Markieren sehe ich weniger dramatisch.

Konkrete Maßnahmen:
Das Schnüffeln verhindere ich dadurch, dass ich meinen Fuß auf den interessanten Fleck stelle (und zwar immer) und ihn damit für mich beanspruche.
Das Markieren verhindere ich auch durch körpersprachliche Signale, ich gehe einen Schritt auf ihn zu, wenn ich merke, er will gleich das Bein heben.
Es gibt zwei unbedeutende Stellen (keine Ecken, keine im weitesten Sinne Eingänge) da darf er.

Wie reagiert nun der Hund darauf?
Bolle tut mir den Gefallen und schaut mich daraufhin verwundert an (wie von Raik Labjon beschrieben)- dann gibt es Futter!
Überhaupt gibt es jetzt viel Futter draussen, weil jedes erwünschte Verhalten belohnt wird.

Ansonsten läuft Bolle nun hinter mir, zunächst immer angeleint.

Damit er hinter mir bleibt, schicke ich ihn körpersprachlich hinter mich (ich drehe mich zu ihm um).

Denn wenn er vor mir läuft, meint er gleich, er müsste wieder was regeln oder abchecken - das mach ich jetzt aber und schicke ihn körpersprachlich hinter mich.

Innerhalb kürzester Zeit hat er verstanden, wie es jetzt bei uns läuft.

Es reicht eine kleine Andeutung einer Drehung zu ihm hin, er unterlässt Schnüffeln, Markieren und das Nachvornedrängen.

Dass die Bortschaft angekommen ist, merke ich nach kürzester Zeit (vielleicht zwei Tage), er pieselt minutenlang an die erlaubte Stelle.

Eine erfreuliche "Nebenwirkung", die Leinenführigkeit verbessert sich enorm, man kann problemlos zu zweit gehen, er läuft nicht mehr auf der Suche nach einer Spur in den Weg.

Er läuft - zugegeben etwas gelangweilt - hinter mir her, aber dicht bei mir. Und Langeweile? - Naja, man könnte es auch Entspannung nennen...

Und das alles passiert ohne ein Wort!

Anfangs habe ich noch Probleme damit, aber auch ich lerne und werde von Mal zu Mal stiller - und genieße es!

Was mache ich bei Hundebegegnungen?
Bolle muss hinter mir bleiben, natürlich will er nach vorne und das in bewährter Art. Auch hier schicke ich ihn körpersprachlich nach hinten.
Hier zeigt er sehr viel weniger Bereitschaft ins zweite Glied zurückzutreten, er fängt auch an, mich anzubellen.
Aber er schafft es mich anzuschauen, kurz die Klappe zu halten und wird belohnt.

Nach einiger Zeit können wir an "langweiligen" Hunden gut vorbei, die Erzrivalen sind weiterhin eine Herausforderung, bei denen, die dazwischen liegen, wird es besser, z.T. bremst er voll in der Bewegung ab und reisst regelrecht den Kopf hoch um mich anzuschauen.
Aber frontal und "enthusiastisch" auf uns zulaufende Hunde sind schwer für ihn auszuhalten, selbst wenn sie keinerlei Aggression zeigen.

Ein weiteres Problem sind die Hunde im Freilauf.

Ich tue mich schwer sie abzublocken, da muss ich unbedingt besser werden, denn sonst überlässt mir Bolle diesen Job nicht (zu recht...).
Schön ist es Sybille mit Fani dabei zu haben, sie tritt da viel bestimmter auf, da kann ich noch viel lernen...

Solange ich da nicht sicher bin, vermeide ich diese Begegnungen, leine Bolle an und gehe aus dem Weg.

Freilaufend gibt es Begegnungen mit bekannten Hunden, die man von kurzen Begegnungen her kennt, fremden Hunden gehen wir aus dem Weg, Bolle wird angeleint und wir gehen beiseite.

Spielen und Toberei nur mit gut bekannten Hunden.

Momentan sieht unser Alltag so aus:
Im Kiez bleibt er immer angeleint, ausser wir trainieren (Dummy) vorm Schloss auf den Wiesen oder machen Suchspiele im Schlossgarten.
Bei unseren "Gängen" läuft er frei, bei unüberschaubarem Gelände hinter mir, sonst auch mal voraus.
Wir treffen uns weiterhin mit den Hundekumpels und da darf auch mal gerannt werden, aber nachdem ich gemerkt habe, dass jetzt ein deutlicher Unterschied besteht, zwischen unseren Gängen und den Gruppenrunden, werde ich da auch noch konsequenter sein.
Denn inzwischen ist es so, dass mein Großradiusläufer sich nicht mehr als drei Meter von mir entfernen mag. Es sei denn, wir sind zu mehreren unterwegs, dann fängt er wieder mit der Vorlauferei an.


Nach wie vor denke ich, dass auf die Probleme unserer Hunde (oder was wir dafür halten - an sich ist Bolles Verhalten durchaus natürlich, nur eben leider bei unseren Lebensumständen entsteht ein "Problematik") individuell eingegangen werden muss.
Mir hat die Lektüre der Bücher sehr geholfen und ich wollte euch daran teilhaben lassen.

Die deutliche Körpersprache, kombiniert mit der positiven Verstärkung hat bei uns zu einer besseren Verständigung geführt, auch wenn wir (noch?) nicht alles erreicht haben, habe ich und auch Bolle große Fortschritte in recht kurzer Zeit gemacht.

Eine Freundin von mir meinte letztens :Wo ist dein Hund?, als wir eine kleine Strecke gingen und von Bolle überhaupt nix zu spüren war...